Die bekannten grauen Fellfarben bei unseren Kaninchen

Die Zucht der grauen Kaninchenrassen wird gelegentlich als recht einfach bezeichnet. Diese Einschätzung ist jedoch sehr oberflächlich und zeugt von wenig Kenntnis der Materie. Im Gegenteil, zur Zucht der grauen Kaninchenrassen gehören ein gutes Auge und viel des sprichwörtlichen Fingerspitzengefühls.

Obwohl die Paarung der grauen Farbenschläge, innerhalb der Stammrassen untereinander zugelassen ist und nicht als Kreuzung verstanden wird, werden bewusst arbeitende Züchter stets bemüht sein bei der Zusammenstellung ihrer Zuchttiere nur gleiche Farbenschläge einzusetzen, um so eine gewisse Gleichmäßigkeit in der Farbe und in der Schattierung der Nachzucht zu erzielen. Nur wem es gelingt Tiere mit reinen Farben in die Zucht einzustellen wird über einen längeren Zeitraum erfolgreich sein, natürlich vorausgesetzt alle anderen dazu gehörenden Faktoren bewegen sich ebenfalls in einem zusagenden Bereich.

Bei der Reinzucht der hasengrauen, aber auch dunkelgrauen Kaninchen gilt es dabei besonders zu beachten, dass die Farben nicht zu hell oder zu dunkel gezüchtet werden. Besondere Beachtung sollte man auch der Tatsache schenken, dass bei der Paarung zweier reichlich hell- oder dunkelpigmentierter Zuchttiere, ähnlich wie bei den Silberkaninchen, leicht das Gegenteil des Erstrebten eintreten kann. Fehlendes Pigment bei den Nachzuchttieren oder solche mit unerwünschten, beinah schwarzen Köpfen und Läufen können hier schnell das Resultat sein.

Helle Querstreifen an den Vorderläufen, sogenannte Binden, werden von den Preisrichtern gestraft. Doch Vorsicht, oftmals entstehen durch die schwarzen Grannenspitzen im Gelenkbereich der Läufe dunklere Farbzonen, die das Vorhandensein heller Binden nur vortäuschen.

Die grauen Farbenschläge bekommt man, selbst auf Ausstellungen, nur selten dicht nebeneinander zu Gesicht. Bei der Schulungsveranstaltung der PV Berlin-Mark Brandenburg bot sich im Mai 02 die Gelegenheit, an Hand von vorhandenen Farbenzwergen, Unterschiede der „Grauen“ ausführlich zu besprechen.

Hier wurde u.a. vom Referenten darauf hingewiesen, dass der Bezeichnung Wildgrau gut abzuleiten ist, dass es sich hier um die urtümliche Haarfarbe unserer wilden Kaninchen handeln sollte. Doch ganz so ist es nicht, Wildgrau ist eigentlich nur eine farbliche Erscheinung, in einer breit gefächerten Palette grauer Abstufungen.

Bei der genauen Betrachtung des grauen Haarkleides eines Kaninchens kann festgestellt werden, dass das Fell farblich regelrecht lebt und sich die graue Farbe aus einer Summe unterschiedlicher Farbtöne und Farbschattierungen zusammensetzt. Die vielen Farben im des Fell der Wildkaninchens – schließlich Stammrasse aller Rassekaninchen – , aber auch der grauen Hauskaninchen, bestehen aus einem „geregelten Durcheinander“, welches nicht ganz leicht zu beschreiben ist. Erschwert wird dies zudem durch die zusätzliche Einteilung der einzelnen Haarzonen in Unterfarbe, Zwischenfarbe und Deckfarbe, die dabei zudem noch verschiedenartig schmale bis breite Zonen bilden. In diesem Zusammenhang darf auch gern einmal an die Arbeit von Hochstrasser in DKZ 17/2002/8-14 hingewiesen sein, der hier wissenswertes über den rezessiven Breitbandfaktor der Zwischenfarbe, welchen er mit » w « bezeichnet, der Züchterschaft mitteilt. 

Wir wissen, dass in der freien Wildbahn auch schon vor Jahrhunderten bei Wildkaninchen andere Farben beobachtet wurden. Anhand von altem Schrifttum konnte auch belegt werden, dass plötzlich weiße, rotäugige und auch schwarze Wildkaninchen existent waren. Allerdings haben solche Tiere, bei denen durch naturbedingte Mutationen eine farbliche Veränderung stattgefunden hatte, so gut wie keine Überlebenschance in der freien Natur und von daher auch keine Chance sich auszubreiten.

Durch die planmäßige Züchtung und Forschung konnten im Laufe der Zeit die wesentlichsten Zusammenhänge in punkto Fellfarbe aufgeklärt werden. Besonders Hilfreich erwies sich hierbei die Entwicklung der Erklärungsmethode für Fellfarben anhand der einst von Hans Nachtsheim aufgestellten Vererbungsformeln.

Gemäß den Regeln dieser Erbformel für das Farbkleid sind die Erbfaktoren durch Buchstaben dargestellt werden.

Wie Eingangs schon angesprochen, stellt die graue Farbe der Wildkaninchen keine reine graue Farbe dar, sondern setzt sich aus einer Vielzahl von Farben zusammen, welche eigentlich als Schwarzwildfarbe anzugeben ist, und vereinfacht mit der Formel A B C D G dargestellt wird. Derweil ein Lebewesen aus gleichen Anteilen seiner Eltern besteht, wird diese Formel, speziell bei sich unterscheidendem Erbgut, mit Hilfe eines Bruchstrichs abgebildet. Die über dem Bruchstrich stehenden Buchstaben stellen dabei die Erbanteile der Mutter und die unter dem Bruchstrich die Erbanteile des Vaters dar.

Für Züchter, die sich bei der Fortpflanzung stets nur mit scheinbar reinerbigen und gleichfarbigen Tiermaterial befassen ist die Kenntnis der Formeln für Fellfarbe oftmals sekundär. Dennoch sollte jeder der sich Züchter nennen möchte, neben der Vererbungsformel seiner Rasse, auch die Erklärung der einzelnen Symbole kennen.

Der Buchstabe A ist das Symbol für den s.g. Grundfaktor, dem Pigment, also dem Stoff der ausdrückt, dass überhaupt eine Voraussetzung für Farbbildung vorhanden ist.

Die Buchstaben B, C und D symbolisieren jene Faktoren für die Farbbildung, die im Zusammenhang mit dem Faktor A das Auftreten heller, mittlerer und dunkler Farbtöne bis zur Schwarzfärbung ergeben.

Der Buchstabe G, welcher gemeinhin als Wildfarbigkeitsfaktor bezeichnet wird, ist verantwortlich dafür, dass eine zonenweise Verteilung der Farben am Tier und am einzelnen Haar vor sich geht. Dieser Faktor bewirkt auch im Zusammenspiel mit dem Vorhandensein von A B C und D die charakteristische Wildfarbe, welche wiederum mit der typischen Weißfärbung der Kehle, der Bauchpartie, der Blumenunterseite und den Augeneinfassungen in einer bestimmten Beziehung steht.

In Bezug auf die symbolische Darstellung der Erbfaktoren sollte noch daraufhin hingewiesen sein, dass es sich bei Großschreibung jeweils um dominante – also andere überdeckende – und bei Kleinschreibung um rezessive Erbanlagen – nur hervortretend, wenn bei beiden Eltern vorhanden –   handelt.

In der Rassekaninchenzucht unterscheidet man in Kenntnis der Farbvererbung mehrere Wildfarben, wobei die nachfolgend beschriebenen grau erscheinenden Farbenschläge in die Gruppe der der schwarzwildfarbigen Farben einzustufen sind.

Der wildgraue Farbenschlag

ABCDG
ABCDG

Die Deckfarbe wildgrauer Tiere ist auf dem Rücken gleichmäßig dunkel schattiert. Diese Schattierung wird von den schwarzgespitzten langen Grannen-Haaren gebildet. Aber erst die Zahl der schwarzgespitzten Grannen bewirkt die hellere oder dunklere Schattierung. Die Brustfarbe sowie die Farbe der Seiten und Läufe sind heller als die Rückenfarbe. Der rostbraune Genickkeil soll möglichst klein sein. Die Oberseite der Blume ist dunkel mit grauen Stichhaaren durchsetzt, während die Blumenunterseite weiß ist. Beide Kinnbacken sind mit einem weißen Haarstreifen schmal eingefasst, der im Genick im grauen Farbton ausläuft. Ähnlich der Rückenfarbe sind die Ohren getönt und schwarz gerändert. Die Innenseiten der Läufe sind grauweiß, ebenfalls die Deckfarbe der Bauchbehaarung.

Eine bräunliche Zwischenfarbe ist nur auf Brust, Rücken und an den Körperseiten vorhanden und soll beim Zurückstreichen des Haares als Streifen von 1 cm Breite erscheinen. Die Unterfarbe ist bläulich und muss auch die Bauchseite ergreifen. Hier fehlt jedoch die Zwischenfarbe. Augen und die Krallen sind wie bei den hasengrauen Kaninchen braun respektive dunkel gefärbt.

Der dunkelgraue Farbenschlag

ABCDG
ABCDG

Tiere des dunkelgrauen Farbenschlages müssen auf dem Rücken, an den Selten, an der Brust und am Kopf einheitlich dunkel gefärbt sein. Der rotbraune Genickkeil ist nur wenig sichtbar. Die Bauchfarbe so wie die Innenseite der Läufe ist dunkelgrau. Während die Oberseite der Blume schwarz bis dunkelgrau durchsetzt ist, muss ihre Unterseite völlig dunkelgrau sein. Die Ohren sind auch bei dieser grauen Spezies schwarz gerändert und ebenfalls mit schwarzer Ohrenspitze ausgestattet. Bei diesem Farbenschlag tritt die Zwischenfarbe nur mit einem schmalen braunroten Streifen hervor. Man kann sagen, je dunkler hier die Deckfarbe ist, um so mehr tritt die Zwischenfarbe zurück. Die Unterfarbe ist breit und bläulich bis blau. Sie kommt bei dunkelgrauen Farbenschlag wesentlich mehr zur Geltung als bei hasen- und beim wildgrauen Kaninchen.

Der eisengraue Farbenschlag

Weniger verbreitet als die anderen grauen Farbschläge sind eisengraue Tiere.

Dieser Farbe ist vermutlich durch Mutation entstanden und soll erstmalig um das Jahr 1890 in Zuchten des Riesenkaninchens in Belgien aufgetreten sein.

Die eisengraue Farbe ist derzeit bei den Rassen Deutsche Riesen, Deutsche Widder, Englische Widder, bei den Holländerkaninchen und den Farbenzwergen zugelassen. Die eisengraue Farbe ist eine reichlich schwarz erscheinende Abstufung der grauen Farbe, welche am ganzen Körper gleichmäßig dunkel schattiert ist. Im Gegensatz zu den anderen grauen Erscheinungen zeigen Tiere dieses Farbenschlages auch auf der Bauchunterseite diesen gleichmäßigen dunklen Farbton, die Weißfärbung des Bauches fehlt hingegen völlig.

Der Keil im Genick ist im Gegensatz zu anderen wildfarbigen Kaninchen nur noch schwach angedeutet. Auf der Stirn erscheint die schwarze Schattierung als fast dunkler „Farbenspiegel“, jedoch darf der Kopf nicht gänzlich schwarz sein. Die Ohren sind reichlich dunkel, breit gerändert und besitzen dunkle Spitzen. Die Blumenoberseite ist schwarz.

Die Zwischenfarbe tritt fast ganz zurück und ist nur noch leicht angedeutet. Dabei ist die Unterfarbe breiter und erfasst mit ihrem blauen Farbton etwa zwei Drittel der Haarlänge. Die Augenfarbe ist tiefdunkelbraun.

Eisengraue Kaninchen in Ausstellungsqualität müssten folgende Erbformel

besitzen. An dieser Erbformel kann man er kennen, dass es sich um einen spalterbigen Farbschlag handelt.

BeCDG
BCDG

 Die eisengraue Farbe kann man nicht konstant züchten. Sie entsteht durch das Aufeinandertreffen der unter schiedlichen Erbanlagen Be und B. Das bedeutet, dass eisengraue Kaninchen von einem Elternteil die Anlage für grau und vom anderen

Elternteil die Anlage für eisengrau erhalten haben.

Werden zwei eisengraue Kaninchen untereinander verpaart, so ergibt sich nach dem Mendelschen Gesetz. eine Aufspaltung nach dem Zahlenverhältnis 1:2 1.  Im Resultat würden folglich 25 Prozent reinerbige graue, 50 Prozent spalterbige eisengraue und 25 Prozent schwarz erscheinende Kaninchen fallen. Diese schwarz erscheinenden Kaninchen hätten dabei die Erbformel

BeCDG
BeCDG

Hier unterdrücken die beiden Faktoren Be das Wirken des Wildfarbigkeitsfaktors G. Das Tier ist dadurch schwarz gefärbt, und nur vereinzelte eisengraue Haare deuten auf das Vorhandensein des Wildfarbigkeitsfaktors hin.

Bei der Verpaarung dieser schwarzen Tiere mit grauen Kaninchen, welche die Erbformel

ABCDG
ABCDG

tragen, werden nur eisengraue Nachzuchttiere geboren, die dann wieder als spalterbige Kaninchen die Erbformel

BeCDG
BCDG

besitzen.

Die Verpaarung grauer Kaninchen mit reinen schwarzen Rassen mit der Erbformel,

BCDg
BCDg

wie z.B. mit Alaska- oder Schwarzen Wienerkaninchen, können niemals eine eisengraue Nachzucht ergeben.

Der hasengraue Farbenschlag

ABCDGy1y2
ABCDGy1y2

Die Deckfarbe hasengrauer Tiere erscheint rötlichgrau und ist im Ganzen heller als die wildgrauen Kaninchen. Diese Farbabweichung wird vor allem durch den breiten und leuchtend rostbraunroten Ton der Zwischenfarbe hervorgerufen. Hasengraue Kaninchen haben zudem die charakteristische flockige Schattierung der Decke.

Die Farbe der Läufe sollen gut aufgetragen und gleichmäßig gefärbt sein. Helle Querstreifen, die als Binden bezeichnet werden, sind auch hier unerwünscht.

Beim hasengrauen Farbenschlag sind die Wildfarbigkeitsabzeichen deutlich ausgeprägt. Die Kinnbacken sind schmal von weißer Farbe eingefasst. Im Genick soll die Einfassung im grauen Farbton auslaufen. Die Innenseiten der Läufe sind weiß und zeigen eine deutliche Farbteilung auf der Mitte der Hinterläufe. Während die Unterseite der Blume weiß gefärbt ist, ist die Oberseite dunkel und mit grauen Grannenhaaren durchsetzt. In der Schoßpartie zeigen sich links und rechts je ein rostbrauner Wildfarbigkeitsfleck. Im Genick ist ein leuchtend rostbrauner Keil vorhanden, der möglichst nicht sehr groß sein soll. Die Unterfarbe ist bläulich und muss auch am weißen Bauch vorhanden sein. Sie soll rein und nicht von anderen Farben durch setzt sein. Die Augenfarbe ist braun und die Krallenfarbe dunkel.

Der hasenfarbige Farbenschlag

ABCDGy1y2
ABCDGy1y2

Hasenfarbigkeit ist gemäß Erbformel mit der hasengrauen Fellfarbe identisch.

Bei hasenfarbigen Tieren erscheint die Deckfarbe jedoch viel leuchtender, was  im Gegensatz zum rötlichen Grau der hasengrauen Tiere, durch eine helle, kräftig rotbraun leuchtende Schattierung erfolgt. Alle weiteren optischen Faktoren sind aber weitestgehend denen der hasengrauen gleich.

Der blaugraue Farbenschlag

Der Vollständigkeit wegen sei noch auf die blaugraue Farbe hingewiesen, wie sie z.B. bei den seit 1997 wiederum zugelassen Blaugrauen Wienern zu sehen ist. Eigentlich handelt es sich hier nicht im klassischen Sinne um ein Grau wie sie bei den schon beschriebenen grauen, schwarzwildfarbigen Farbenschlägen vorkommt, sondern wie die Formel aussagt, um eine Farbe, die der blauwildfarbenen Palette zuzuordnen ist.

BCdGA
BCdGA

Die blaugraue Farbe entstand hier aus einer Kombinationskreuzung zwischen Blauen (einfarbig blau, ABCdg/ ABCdg) und Grauen Wienern (schwarzwildfarbig, ABCDG/ABCDG)