Vermutlich wird jeder „normale“ Kaninchenzüchter durch regelmäßiges Lesen dieses Organs, in Kombination mit ein oder zwei „guten“ Fachbüchern so viel theoretische Kenntnisse erlangen können, als wie er für eine erfolgversprechende Ausübung dieser Freizeitbeschäftigung benötigt.
In den letzten 120 Jahren ist eine Fülle von Fachbüchern bzw. Broschüren, aber auch eine ganze Reihe von periodisch vertriebenen Fachzeitschriften unterschiedlichstem Ursprung und Machart erschienen. Hochwertige Standardwerke, die stets die neuesten Erkenntnisse vom Fach vermittelten, wie z.B. das wohl immer noch aktuelle Fachbuch mit dem Titel „Das große Buch vom Kaninchen“, lagen in jeder Epoche den wissbegierigen Kaninchenzüchter vor. Heute wie damals hatten gute Bücher ihren Preis, was sich auf die Anzahl der Verbreitung auswirkte. Es hat sich hinsichtlich der Kosten sicherlich nichts geändert, vom billigen „Zeug“ trennt man sich schnell, das wertvolle, gutgemachte Buch wird geachtet und oftmals an Nachfolger weitergegeben.
Wer schon längere Zeit Kaninchen züchtet und sich erschöpfender mit der Materie befasst, dem sind durchaus andere als genannter Titel geläufig. Die Palette der älteren, auch heute noch anschauungswürdigen Bücher oder sonstigen Druckschriften, in denen sich die Autoren von einst mit Themen der Kleintierzucht beschäftigt haben, reicht dabei viel weiter zurück als manch einer erahnen mag. Aber welche Gelegenheit hat der „Neueinsteiger“, der einmal über den Tellerrand des alltäglichen Züchtergeschehens sehen möchte zu erfahren, was ehemals publiziert wurde. Für Jedermann zugängige und vor allem umfassende Bibliotheken, in denen man nach Herzenslust hinsichtlich unseres Zeitvertreibs stöbern kann, gibt es im Grunde nicht. Selbst das nunmehr für alle Alltagsmenschen nutzbare Internet lässt nur begrenzte Recherchen auf diesbezügliche, nicht mehr druckfrische Fachliteratur zu.
Auch wenn die Masse der Hobbyzüchter an dieser Tatsache keinen Mangel sieht, derweil neben dem täglichen Geschehen im Stall kaum Zeit für bibliophile Dinge bleibt, existieren sie, die Individualisten, die stets Interesse für fachbezogene Literatur längst vergangener Zeiten bekunden.
Als Fachbücher sammelnder Züchter ist man dabei stets besorgt, was aus all den guten alten Büchern werden wird, die es über den speziellen Zweig der Tierzucht gibt, denn es bestanden, respektive es bestehen im Grunde nur Privatsammlungen, die im Todesfalle nicht selten in alle Himmelsrichtungen verstreut und damit als Gesamtheit den nach uns kommenden Züchtergenerationen verloren gegangen sind.
Beispielsweise besaß der 1968 verstorbene, bekannte holländische Tiermaler, -züchter und Fachschriftsteller C. S. Th. van Gink, eine der umfangreichsten Literatursammlungen über Kleintiere. Mit seinem Tode ergab sich für seine Bibliothek die Gefahr des Verlustgehens. Dank der Mitwirkung des Niederländischen Dachverbandes für Kleintierzucht, „Raad van Beheer en Toezicht op het gebied van de Pluimvee en Pelsdierenteelt“, übernahm die tiermedizinische Fakultät der Universität zu Utrecht den gesamten Buchbestand. Beinah Jedermann ist daher in Utrecht Einblick in diese Sammlung möglich, und es wurde seitdem seitens vieler ausländischer Autoren und Züchter reger Gebrauch gemacht. Das Kaufpreisangebot der Universität lag damals zwar um gut 1.000 Gulden niedriger, als es von der Witwe van Ginks angesetzt war, aber der erwähnte Verband fand Mäzene, die ihrerseits finanziell eingriffen und immerhin 1.700 Gulden aufbrachten. Ein kleiner Verband wie der der holländischen Züchterfreunde hatte hier, wie man meinen sollte, großartigen Gemeinschaftssinn bewiesen.
Schade, dass scheinbar bei uns nicht ähnliche Schritte zur Rettung wertvoller, alter Fachliteratur unternommen wurden, denn als um 1980 in Berlin die wohl jemals größte, in Jahrzehnten zusammengetragenen Büchersammlung über Kleintiere, mit Schwerpunkt Geflügel, Kaninchen und speziell Tauben, von Werner K.G. Moebes aufgelöst werden sollte, waren die Verantwortlichen in den großen deutschen Züchterverbänden nicht in der Lage, diesen Kulturschatz, zumindest in den Teilen, die ihr Fachgebiet betreffen, für ihre Mitglieder zu sichern.
Der Name Werner K.G. Moebes und die damit verbundene interessante Persönlichkeit sagen leider heute den meisten der heutigen Kleintierzüchter sehr wenig. So soll nach den einleitenden Worten der Versuch gemacht werden, den einstigen Berliner Tierliebhaber, mit der Ambition für theoretische und praktische Kleintierzucht, noch einmal in Erinnerung zu rufen. Sein wesentlicher Verdienst war, dass er sich aufmachte und auf Grundlage seiner einst viele Hundert Titel umfassenden Sammlung, übersichtliche und aufschlussreiche Bibliografien, sowohl der Tauben- als auch der Kaninchenliteratur erstellte und somit seiner Nachwelt Hinweise auf viele nicht mehr vorhandene Werke hinterließ. Den Koryphäen dieser Sparten der Kleintierzucht als auch den engagierten Liebhabern von Frettchen und Meerschweinchen müsste daher der Name Moebes geläufig sein, denn sie sollten wissen, dass neben seinen in Buchform erschienenen Bibliografien auch so mancher lesenswerte Aufsatz von ihm in der Fachpresse veröffentlicht war.
Werner Karl Georg Moebes, wie er mit vollem Namen hieß, wurde am 17. Januar 1899 als Sohn des Kleinindustriellen Georg Möbes in Berlin geboren und starb 84jährig am 8. Okt. 1983 in seiner Heimatstadt.
W. Moebes, wie sein zwei Jahre jüngerer Bruder, Karl Georg Hermann, durften eine außerordentlich unbeschwerte Jugend erleben. Selbst wenn sein Wohnsitz in jungen Jahren mitten in Berlin, genauer gesagt in der Prinzenstraße 96, in nähe vom Kreuzberger Moritzplatz war, konnte er seine Kindheit zu weiten Teilen fernab der Großstadt erleben. Stets gut behütet und versorgt kam er hier mit allerlei Getier in Berührung. Das darf auch nicht verwundern, denn sein Großvater, der als recht wohlhabend geltende und weit über die Landesgrenzen hinaus bekannte, ehemalige Pianohersteller, Carl August Ferdinand Hintze, war ein außerordentlich naturverbundener Mensch. So kam es, dass er extra für die Enkel einen großen Stall mit dazugehöriger Voliere errichten ließ. Hier, auf dem großen Anwesen in Falkenhagen bei Seegefeld, nahe von Berlin-Spandau, konnte sein Nachkomme zunächst französische Widder und Tauben halten, der Grundstein seiner späteren Ambition hinsichtlich der gefiederten Welt und der Kaninchen.
Seine Schulzeit beendete Moebes im Februar 1919, nach dem Besuch des Realgymnasiums, mit der sog. Kriegsreifeprüfung. Der dem Verfasser vorliegenden Urkunde ist zu entnehmen, dass er mit lobenswertem Betragen und einem „sehr gut“ hinsichtlich des Fleißes entlassen werden konnte. Seine Zensuren in den mathematischen Fächern ließen allerdings eher zu wünschen übrig, wogegen seine sprachliche Begabung ihm nicht nur einen Ausgleich verschaffen konnte, sondern sich im späteren Leben für ihn auszahlte.
Wie es sich für einem Fabrikantensohn geziemt, wollte Moebes ursprünglich Kaufmann werden, jedoch auf Grund der Situation begann er ein Jurastudium an der damaligen Juristischen Fakultät der Friedrich-Wilhelm-Universität zu Berlin, was ebenfalls erhaltene Zeugnisse belegen können.
Nach dieser Hochschulära, durch Wirken seiner Eltern schnell zum Fachmann geworden, betätigte sich der Beschriebene im elterlichen Betrieb, den er später, wenn auch nicht mit dem ausgeprägten Engagement wie sein Bruder, unter dem Namen „Metallwarenfabrik Gebr. Möbes“ – Schwerpunkt Fabrikation von Werbegeschenken aus Metall – fortführte.
Auf diese Weise finanziell gut untergebracht, konnte er unbeschwert seinen vielfältigen Hobbys nachgehen und fand so die Zeit, praktische Eindrücke als Züchter und Liebhaber von Champagne-Silber-Kaninchen (Helle Großsilber) und von Blauen Wiener-Kaninchen zu sammeln. Seine große Liebhaberei aber waren die „Show Homer“ Formtauben, die er mitten in Berlin, als auch auf dem elterlichen Besitztum in Nauen bei Berlin untergebracht hegte.
Dass im Leben der Familie des Werner Moebes die Tauben- und Kleintierzucht eine große Rolle spielte, bekräftigen die Zeilen in der Geflügelbörse vom Nov. 1930. Hier schreibt der damals in Fachkreisen sehr bekannte Christian Scheilling, anlässlich eines gemeinsamen Besuchs mit seinem Freund, dem später besonders durch seine Fernsehsendungen berühmt gewordenen Prof. Dr. Bernhard Grzimek, bei Moebes: „Man kommt in das Heim des Tierfreundes. An allen Wänden des Vorplatzes hängen ausgestopfte Vögel: Eulen, Turmfalken, Häher, Elstern und was sonst einmal die kleine Hausmenagerie beherbergte. Man versetzt sich unwillkürlich wieder in die Jugendjahre, in die Zeiten der ersten „Geflügelbegeisterung“ zurück und kann kaum glauben, dass auch ein Berliner Junge für so etwas Interesse hat. Man sieht aber, dass die Liebe für alles, was die Natur bietet, nicht an den Ort gebunden ist, dass auch Groß-Berlin mit seinen vielen Ablenkungen den Sinn für die Geschöpfe der Natur nicht ersticken kann.“ Aufschlussreich steht u.a. weiterzulesen … stellt uns Herr Moebes noch seine Eltern vor. Der Sohn findet bei ihnen für seinen Sport reiches Verständnis und viel Unterstützung.
Werner Moebes, ein etwas eitel wirkender, lebensfroher und kontaktfreudiger Mensch, so schildert ihn jedenfalls sein späterer Mäzen, der Buchhändler Karl Zigan, nutzte in den Jahren zwischen den Weltkriegen seine mannigfaltigen Möglichkeiten, Reisen zu unternehmen. Selbstverständlich verband er dies, um sein Interessengebiet betreffende Veranstaltungen im In- und Ausland zu besuchen. Mit schöner Regelmäßigkeit verfasste er darüber Berichte, welche im Wesentlichen in der Geflügel-Börse und der Tierwelt, aber auch in anderen Fach- und Tageszeitungen zu lesen waren. Die Art seiner Formulierungen brachte ihm dabei den Ruf des feinsinnigen Auslands-Spezialberichterstatters ein. Als er 1929 als einziger Deutscher bei der großen Londoner „Crystal Palace Show“ zugegen war, wurden seine zu Papier gebrachten Eindrücke sogar in der englischen Fachpresse abgedruckt.
W.K.G. Moebes schrieb aber nicht nur diesen und jenen Aufsatz, sondern beschäftigte sich schlechthin mit der gesamten Geflügel- und Kleintierliteratur. Die bereits auf den Großvater zugehende Bibliothek vervollständigte er über Jahrzehnte mit Akribie und trug alles, was er im In- und Ausland an Altem und Neuem ergattern konnte, zusammen. Den Schwerpunkt seiner Bemühungen bildete dabei stets das erstaunliche große Angebot der Taubenliteratur. Jedes seines mehrere hundert Werke umfassenden Bestandes, zu denen auch viele Dissertationen und seltene unveröffentlichte Arbeiten zählten, kannte er inhaltlich, was ihn zu einem absoluten Spezialisten auf vielen Gebieten der Kleintierhaltung reifen ließ. Moebes’ tiefgründiges Interesse und seine Kontaktfreudigkeit führten dazu, dass er zu den bedeutenden Autoren und Wissenschaftlern des In- und Auslandes Verbindung aufnahm und mit vielen im Briefwechsel stand, was die wenigen von denen, die noch am Leben weilen, sicherlich bestätigen können.
Moebes war aber nicht nur ein leidenschaftlicher Büchersammler, sondern trug auch andere Dinge und Gegenstände, die im Zusammenhang seiner Leidenschaft standen, zusammen. Seine Briefmarkensammlung soll Ausmaße besessen haben, die so manchen Philatelisten vor Neid erblassen ließ und seine im Bombeninferno verlorengegangene Käfer- und Schmetterlingssammlung soll einzigartig gewesen sein.
Selbst seinen umfangreichen Schriftverkehr, auf den zu weiten Teilen der Verfasser dieser Zeilen Zugriff hat, wurde vielfach mit launigen Anmerkungen abgelegt und geben so ein tiefschürfendes Bild über diese beachtenswerte Persönlichkeit ab.
Irgendwann reifte bei Moebes die Idee, für Jedermann erhältliche Bibliografien zu schaffen. Verzeichnisse also, in denen Interessierte Auskünfte über einst veröffentlichte Bücher und Schriften entnehmen können, an die sie sonst nicht ohne weiteres gelangen würden. 1942 begann er mit seinen Arbeiten für die Taubenbibliografie. Später vielfach von den Lesern gelobt, konnte dieses bald vergriffene Werk neu aufgelegt werden. 1945 erschien die 2. Ausgabe der „Bibliografie der Tauben“. Da die Fertigstellung in den Jahren des 2. Weltkrieges fiel, verbrannten große Teile dieser Auflage. Das Manuskript der 2. Aufl. ging nach 1945 an die Universität Berkley in Kalifornien. Es existierte aber ein noch Mikrofilm, anhand dessen Moebes mit Hilfe der ehemaligen zoologischen Fachbuchhandlung Zigan in Berlin, eine überarbeitete Neuauflage organisieren ließ. Diese dritte Ausgabe, welche es von einst knapp 300 Blatt, auf stattliche 600 Seiten brachte, und mit einem Vorwort des unvergessenen Bearbeiters von Brehms Tierleben, Prof. Dr. Ludwig Heck begann, kam 1968 nur in kleiner Stückzahl heraus und ist heute wie die anderen Ausgaben nur schwer aufzutreiben.
Die Erfahrungen mit seiner „Bibliografie der Tauben“ erleichterten bei Moebes den Entschluss, gleiches zum Thema Kaninchen anzupacken. Wesentlich bestärkt wurde er in seinem Vorhaben dadurch, dass er seine große Fachbücherei, die als ziemlich einziges Vermögensstück über dem fürchterlichsten aller Kriege gerettet, als Basis für dieses Unterfangen zur Verfügung stand. Nur Kundige werden erahnen, auf welch weites und umfangreiches Arbeitsfeld er sich damit erneut gewagt hatte, zumal dieses Werk das Gebiet der Meerschweinchen und der Frettchen mit einbezog. Auch Prof. Dr. Nachtsheim und Friedrich Joppich, aber auch andere Persönlichkeiten, welche ebenfalls Ihre Schaffenskraft in den Dienst der Rassekaninchenzucht stellten, bestärkten Moebes regelrecht zu seiner Entscheidung sich dieser Aufgabe anzunehmen.
1948, in einer äußerst brisanten Zeit, kam durch die große Unterstützung seines ihm stets freundschaftlich verbundenen Verlegers, Eduard Klinz, im Akademischen Verlag Halle die „Bibliografie der Kaninchen“ heraus. Auf Grund der komplizierten politischen Lage, speziell der Spaltung Deutschlands, sowie der Blockade des damaligen West-Berlins, gestaltete sich der Vertrieb dieses Werkes mehr als schwierig.
Nach 1968 gelang es, die Reste der Moebes Werke, welche nun nur noch wenige Stück umfasste, auf verschlungenen Wegen und in kleinen Partien nach dem Westen zu schmuggeln.
Moebes einst recht wohlhabend, hatte wenig für seine Altersvorsorge getan und lebte nach dem Kriege sozusagen von der Substanz. Für seine Bibliografien und den von ihm organisierten Reprints besonders seltener Folianten, konnte er kaum finanzielles Kapital schlagen.
Nur sein Fachwissen, der große Bücherschatz und seine vielen Kontakte ermöglichten es ihm, sich über Wasser zu halten. Als sich die finanziellen Schwierigkeiten verstärkten, entschloss er sich in seinen 70er Jahren seine Bibliothek veräußern.
Derweil alles möglichst beisammenbleiben sollte, vorzugsweise sogar in einem Block der Wissenschaft zu Verfügung stehen sollte, bot man zunächst eine Partie von etwa als 300 Titel, welche für eine Akademie hätte von Bedeutung sein können, dem Institut für Kleintierforschung in Kiel und der FAL Braunschweig, den großen Züchterverbänden aber auch anderen ausländischen Einrichtungen an. Die Sache scheiterte, denn er wollte Preise, die eigentlich nur „verrückte“ Liebhaber für ganz bestimmte, vergriffene und sehr schwer aufzutreibende Exemplare hinlegen können. Er entschloss sich aufgrund der Tatsache, dass seine Wunschinteressenten nicht genug finanzielle Mittel aufzutreiben konnten, für den Einzelverkauf.
Buchhändler Karl Zigan, der die Verkäufe übernehmen sollte, berichtet: „Es sollten zunächst ausgesuchte Titel angeboten werden, ca. 620 Bücher standen bei uns im Geschäft in der Potsdamer Str., vorbereitet für den Verkauf. Es waren wunderschöne Sachen dabei.“
Von Zigan wurde ein Katalog angefertigt, Moebes setzte die Preise dahinter. Die Liste wurde bei potenziellen Interessenten bekannt gemacht und vieles auch veräußert. Einige Kostbarkeiten, speziell der Taubenliteratur, gingen selbst ins europäische Ausland und sogar bis nach Amerika.
Den Großteil des damals als nicht sehr wertvoll eingeschätzten Bücherbestandes nahm W. Moebes an sich und veräußerte der Not gehorchend dieses und jenes Buch unter Preis.
Was die Mehrheit, die ihn kannte, nicht wusste, zum Ende seiner Jahre wurde es um Moebes immer einsamer. Der einstige „Bonvivant“ galt als sehr eitel und sehr von sich eingenommen und Etikette war für ihn, trotz dass er zum Schluss eher ein „armer Hund“ war, der sich nur noch wenig leisten konnte, sehr wichtig, so jedenfalls berichtet ein alter Freund von ihm.
Besonders schlimm war, dass er trotz seines Scheins, für seine Erhaltung staatliche Unterstützung in Anspruch nehmen musste.
Nach nur eintägigem Krankenhausaufenthalt verließ er schließlich am 8.Okt. 1983 die Welt für immer. Seine Beerdigung war mehr als traurig, kaum mehr als 6 Personen gingen hinter dem Sarg zum Familiengrab der ehemaligen Hinze Dynastie, an der Kreuzberger Bergmannstr. Nur ein kleines grünes Markierungsschild, versteckt unter Wachholder, erinnert an den einstigen Industriellen, dem großen Fachkenner und Historiker der Kleintierzucht.
Nachdem Werner K.G. Moebes starb, wurde die Wohnung von Amtswegen geräumt und alles, was brauchbar erschien, von einem ortsansässigen Trödler übernommen. Kein Händler konnte zu dieser Zeit mit Geflügel-, Kaninchen- und. sonstiger Kleintierliteratur etwas anfangen. Sicherlich ging dieses oder jenes Buch oder Heftchen ins Altpapier. Einige Bücher, auch fremdsprachige, fanden sich aber wieder an. Weitverstreut in der großen Stadt Berlin, bis hin zu den Antiquariaten in der „tiefsten Provinz“ konnte der Schreiber Stücke davon auffinden. Es ist leicht, Moebes’ ehemalige Besitztümer zu erkennen, denn nicht nur des eingeklebten Etiketts mit seinem ex Libris, sondern massenhafte Stempelungen verraten den Ursprung. Ein Auswuchs dieser Markierungssucht war leider auch, dass nach Meinung einiger, so manche schöne Farbtafel entwertet wurde.
Dem aufmerksamen Leser ist natürlich die unterschiedliche Namensschreibung von Moebes aufgefallen. Die Erklärung hierfür ist: der Vater der beschriebenen Experten war Georg Möbes, welcher sich entgegen der standesamtlichen Beurkundung eigenmächtig mit ö anstelle oe schrieb. Seine Söhne führten den Namen beinah ein Leben lang in gleicher Schreibweise fort. Lakonisch teilte er im 73. Lebensjahr seinen Freunden mit, „Bitte um freundliche Beachtung: ab 17.2.1972, laut neuerlichem Personalausweis, MOEBES nicht mehr MÖBES. Viel besser, da die englisch sprechende Welt kein ö kennt und es sonst zur Namensverstümmelung kommt.“
Merkwürdig ist vielleicht auch, dass sich anscheinend niemand fand, der nach dem Tode von W. Moebes einen würdigenden Nachruf für diese außergewöhnliche Persönlichkeit abfasste.
Die Recherche über Moebes lief über eine Reihe von Jahren. Es wurden dabei mehrere Schachteln voller Dokumente zusammengetragen, welche weit mehr Aufschluss geben könnten als diese Zeilen es erlauben.
Wenn eines Tages auch diese Unterlagen verschwunden sind, soll wenigstens diese kleine Ausführung, welche freundlicherweise bereits in der Kaninchenzeitung 21/2004, Seite 6-8 vom Reutlinger Verlag Örtel & Spörer veröffentlicht wurde, an den feinsinnigen „Bibliomanen“ Werner Karl Georg Moebes erinnern.